Gerade lese ich …

Mein Vorhaben für 2023 – endlich einmal einen Überblick bekommen, was ich alles gelesen habe. Mal schauen, ob es mir gelingen wird ….

Dezember 2023

Ein kurzes, dicht erzähltes Buch, das in klug reduzierter Form von einer Freundschaft und somit auch episodenhaft von zwei Frauenleben berichtet. Helfers Figuren sind stark gezeichnet und waren sofort greifbar für mich. Neben der Geschichte um die Freundschaft der ungleichen Frauen reflektiert die Autorin auch immer wieder das Schreiben selbst – was heisst es, in der Literatur „ich“ zu schreiben? Für mich ein grosses Lesevergnügen!

Selten sind Bücher, die als „witzig“ beschrieben sind, es dann
tatsächlich-aber hier habe ich mehrfach laut aufgebrüllt vor Lachen beim Lesen. Very british und herrlich schräg. Der Bestseller aus dem Jahr 1931 erzählt von einer Witwe und deren drei Töchtern, die das skurrile Hobby pflegen, imaginäre Freundschaften zu realen Personen zu unterhalten – wohlgemerkt macht die ganze Familie mit! Neben allen
unterhaltsamen Verwicklungen ist Rachel Fergusons Roman auch ein Loblied auf die Kraft der Phantasie!

Ich mag Roth-Hunkelers Bücher sehr gerne und finde ihr neustes, „Damenprogramm“ richtig stark. So ehrlich erzählte Frauenperspektiven, so viel Gesellschaftskritik, so viel Humor, es ist ein grossartiges Buch, das sicherlich nicht nur Damen lesen sollten!

Auch Lewinskys neuer Roman ist spritzig und unterhaltsam, wie es ja die meisten seiner Bücher sind. Diesmal geht es um Goethe und um eine Schreibblockade des Meisters. Wie immer kann man sich munter fragen, was auf Tatsachen / Recherche beruht und was der Autor hinzu gedichtet hat. Ich habe den Roman mit Freude gelesen, Wehrmutstropfen war aber die Figur von Christiane Vulpius, der ich etwas mehr Tiefgang gewünscht hätte. Zwar wird klar, dass sie mehr drauf hat, als nur „hinterm Bettvorhang“ Themen anzusprechen, aber die Häufigkeit dieser Szenen fand ich dann doch auffällig.

Wow. Wolf Haas schreibt gegen den Tod an (natürlich verliert er), er erzählt vom Sterben und dabei natürlich auch vom Leben seiner Mutter (die, so mag man meinen, seinem Brenner die Sprache gegeben hat). Ein kurzes, gehaltvolles, intimes, oft witziges, in jedem Absatz aber grossartiges Buch!

Uff, das ist starker Tobak. Die Geschichte spielt auf der Schwäbischen Alb und beginnt in den 60-er Jahren, wo Magda, frisch von ihrem Mann verlassen, um eine Zukunft ringt (und wo man das Gefühl hat, als Frau definitiv nicht gelebt haben zu wollen). Aber es geht schief, und das Unglück scheint sich weiter zu vererben, insbesondere an die Frauen der Familie, denn geschiedene, verlassene, alleinstehende Frauen waren einen Dreck wert, und ihre Angehörigen gleich mit. Die drückende Atmosphäre nachbarschaftlicher Überwachung und moralischer Heuchelei ist so plastisch dargestellt, dass mir beim Lesen teilweise wirklich flau wurde.

Im Januar feiert mein neues Lesungsprogramm „Worte der Schönheit – über Mode in der Literatur“ Premiere. Selbstverständlich lese ich nicht nur Texte, die wirklich im Programm vorkommen werden, sondern auch Sekundärliteratur mit vielen Hintergrundinformationen, um gut gerüstet zu sein!

November 2023

Aus Recherchegründen lese ich alle möglichen Romane, die mit dem Kochen zu tun haben – dennn Kulinarische Lesungen gehören zu meinen erfolgreichsten Angeboten. Die Geschichte über „Die Herbstköchin“, die in der Spitzengastronimie immer weiter aufsteigt, habe ich geradezu wegschletzen können. Einziger Nachteil: Man bekommt wirklich Hunger beim Lesen!

Das italienische Ossolatal ragt in die Schweiz hinein. 1944 haben es italienische Partisanen geschafft, die deutsche Wehrmacht von dort zu vertreiben und eine Republik im Tal auszurufen – zumindest für kurze Zeit. Gino Vermicelli war selbst einer der Partisanen, seine Schilderungen der Kämpfe und der daraus resultierenden politischen Realitäten ist absolut fesselnd und wirkt sehr authentisch, auch wenn er den Text erst 50 Jahre nach Kriegsende verfasst hat. Bemerkenswert auch, wie solch harte Geschehnisse in einer so zarten und schönen Sprache erzählt werden können.

Für mein neues Lesungsprogramm „Mode in der Literatur“, das im Januar Premiere in Winterthur feiert, schmökere ich mich durch meine Bibliothek. Anthologien wie der feine Band „Die Kleider meines Lebens“ aus der Reihe „blue notes“ vom Verlag Ebersbach&Simon sind dabei unverzichtbar, nicht zuletzt, weil sie das eigene eingerostete Hirn anstupsen und man sich erinnert – stimmt! Ich muss auch bei Marieluise Fleisser nachschauen …! (Zum Beispiel)

All the leaves are brown … der Song der Mamas&Papas passt gerade hervorragend zum Herbstwetter und begleitet mich nicht nur auf den Spaziergängen, sondern auch beim Lesen dieses dicken Schmökers von Daniel Speck. Eine gross angelegte Familiengeschichte, die sich von Berlin bis Indien erstreckt, viel Lust auf gute Musik macht und sich extrem süffig liest. Wer Lust auf einen literarisch-musikalischen Roadtrip hat, der einen richtig gut unterhält, ist hier genau richtig!

Für ein kulinarisches Menü bin ich gerade auf der Suche nach Texten, die sich der mexikanischen Küche widmen – bestenfalls mit weihnachtlichem Bezug… keine ganz leichte Aufgabe, aber Aufgeben kommt natürlich nicht in Frage! Und wie immer ist es herrlich, auf welche interessanten Geschichten man stösst, wenn man gezwungen ist, sich in andere Kulturen einzulesen – I love my job!

Oktober 2023

Mattia Bertoldi hat in seinem Roman dem Leben von Lilly Volkart nachgespürt, einer ungemein mutigen jungen Frau, die während des zweiten Weltkriegs zahlreichenen über die Grenze geschmuggelten Kindern aus Italien das Leben rettete, indem sie sie in einem Kinderheim im Tessin versteckte. Der Roman könnte kitschig sein, das Thema würde das hergeben, aber Bertoldi nähert sich seiner Protagonistin mit einem grossen Respekt, der durch die ganze Erzählstimme durchschimmert. Das Buch bewegte mich, nicht zuletzt, weil die Frage nach Zivilcourage, um Leben zu retten, heute genau so dringlich ist, wie vor 70 Jahren.

Milena Moser überrascht mich immer wieder! „Der Traum vom Fliegen“ ist ein Zauberberg-Roman (nur viel besser zu lesen!), eine Klinik an der Küste San Franciscos, in der sich drei Patienten anfreunden, die alle an einer Superkraft „leiden“. Es bleibt offen, ob die sogenannten Superkräfte wirklich solche sind, oder doch „nur“ Krankheiten unserer Zeit. Mosers Roman ist wieder sehr geschickt konstruiert und hallt nach – obwohl er sich in einem Schläz verschlingen lässt.

„Paradise Garden“ vereinigt vieles in sich, was ich sehr mag – ein bisschen „Tschick“, ein bisschen „Becks letzter Sommer“ und ein bisschen „Das verborgene Wort“. Der Autorin ist es gelungen, die Stimme einer 14-jährigen authentisch zu imitieren, ohne dass der Lesefluss dadurch gehemmt wird, mehr noch: man hört Billie extrem gerne beim Erzählen zu und taucht ein in ihre abenteuerliche, traurige und schöne Geschichte.

Katja Oskamps wunderbare Portraits über “ die kleinen Leute“ – die Kundschaft einer Fusspflegerin aus Marzahn – sind an mir vorbei gegangen, als alle das Buch hypten. Was bin ich froh, dass die Lektüre mich dennoch erreicht hat. So viel Herzenswärme habe ich selten zwischen zwei Buchdeckeln gefunden, und Oskamps Sprache ist ganz fein und leise, die Erzählerin hat einen Blick für Details. Ein vollkommen zu Recht vielgelobtes Buch!

September 2023

Bergbauern vs Tierschützer – die Meinungen zur Wiederansiedlung von Luchsen gehen in den Berner Oberländer Tälern weit auseinander, die Fronten verhärten sich von Tag zu Tag. Urs Mannhart zeigt die verschiedenen Akteure und vor allem auch die Dynamiken in den jeweiligen Gruppen – sehr präszise, scharfsinnig und unterhaltsam. Das Buch ist ein absoluter page-turner, bei dem man nebenbei auch eine ganze Menge über die Thematik lernt.

Als PDF fand ich diese Anthologie schon umwerfend, in Buchform ist sie natürlich noch viel schöner! Eine spannende Anordnung (teils thematisch, teils nach Autor*in) und auf jeder Seite eine Entdeckung – denn Hand aufs Herz, wer kennt schon slowenische Lyrik? Viele Gedichte wurden eigens für diesen Band erstmals übersetzt. Reinlesen lohnt sich unbedingt!

Mal ehrlich: Wer kennt heute noch Werner Koch? Da ich mich gerade für ein Projekt mit dem Thema „Aussteiger“ befasse, habe ich „See-Leben“ aus dem Jahr 1973 erneut gelesen – mein Fazit nach wie vor: grossartig! Der Protagonist versucht, seine Erwerbstätigkeit mit seinen Bedürfnissen in Einklang zu bringen, vom Büro zu lösen und in der Natur zu arbeiten. 40 Jahre nach Erscheinen des Buches sind wir sensibilisierter auf diese Themen, aber die Frage, ob wir uns als «Büroklammern» wirklich «artgerecht» verhalten, bleibt bestehen. Werner Kochs Beitrag zu dieser Debatte ist absolut lesenswert und charmant – nicht zuletzt wegen der hinreissenden Katze!

„Das Haus“, geschrieben 1904, erzählt von dessen Bewohnern und besonders von der Ehe der Eltern und der Ehe ihrer Tochter Gitta. Das Recht der Frau auf Entfaltung wird verhandelt (auch anhand sehr interessanter Nebenfiguren!), die patriarchale Struktur rahmt die Handlung wie ein gottgegebenes Spielfeld ein. Auch wenn sich die Haltung der Ehe gegenüber ändert – bei der Elterngeneration ist die Aufgabe der (weiblichen) Freiheit noch Bedigung, dass die Ehe funktioniert, bei den Jungen ist es der Erhalt der persönlichen Freiheit ist die Darstellung des der-Mann-ist-Gebieter-die-Frau-denkt-nicht-sondern-handelt-aus-Gefühl-allein absolut bedrückend. Lesenswert, schon allein der schönen Sprache wegen!

August 2023

Vier ledige Schwestern, alles Tanten der Erzählerin, die sich dem gängigen Rollenbild der Nachkriegszeit widersetzten – unverheiratet blieben, berufstätig, selbständig. Ein aussergewöhnliches und schönes Frauenportrait, das mir auch deshalb heimlig nah geht, da es in Stuttgart spielt!

Ein typischer Fonante, in dem die Ständegesellschaft und vor allem der Standesdünkel thematisiert werde und der mich nachdenklich gestimmt hat. Scheinbar ist es den Menschen, so sehr sie auch von sich selbst denken, modern und fortschirttlich zu sein, nicht möglich, sich aus ihrem gesellgschftlichen Rahmen heraus zu bewegen. Natürlich sind wir nicht mehr im 19. Jahrhundert – und doch … wie wir uns sehen, und was wir dann (nicht) schaffen, umzusezten, das sind einfach zwei paar Schuhe.

Eine anrührende und bewegende Geschichte, die eigentlich an jeder Ecke ins kitschige abdriften könnte – was sie natürlich nie tut. Stattdessen wird mit grosser Behutsamkeit und Poesie von traumatischen Erlebnissen und einer tief menschlichen Annäherung erzählt. Ein sehr feines und leises Buch, das nie nach Effekten hascht.

Moderne Lyrik aus der Schweiz! Die Gedichte von Anna Frey lassen den Rhythmus spüren, auch wenn man nicht weiss, dass die Autorin seit Jahren als Rapperin und Performerin unterwegs ist. Prägant und nonchalant, meist aber doppelbödig haben mich die Gedichte sehr eingenommen.

Vor dem Hintergrund des grössten Eisenbahnunglücks der Schweiz wird eine Kriminalgeschichte erzählt – ein Regionalkrimi im historischen Gewand, bei dem man beiläufig auch etwas über die Erfolge und Misserfolge von Eiffel lernt und die Schweiz um 1890 einem näher kommt. Die Handlung ist auch an einen Erzählstrang in den 60ern angebunden – ein gut weglesbarer Krimi, der auch für ein Hasenherz wie mich nicht zu heftig ist.

Spätestens seit dem unvergleichlichen Beginn von Jean Pauls Roman „Die Flegeljahre“ ist klar, wie ergiebig das Sujet „Testamentseröffnung“ für die Literatur ist. Ion Karagounis hat einen ganzen Roman daraus gemacht: ein Abend, vier Geschwister und die Frage, wie das Erbe des Vaters aufgeteilt wird: vier Firmen, von denen ein jeder Sohn eine weiterführen soll. Wenn sie verkaufen, geht der Erlös an eine Stiftung. Der Haken an diesem – sehr unterhaltsamen – Sujet ist, dass einem Protagonisten, die sich bis unter die Gürtellinie um etwas streiten, lediglich von ihrer schlechtesten Seite gezeigt werden und es so schwer fällt, Sympathie für sie zu entwickeln.

Juli 2023

Ich mag es, wenn einem die Protagonisten eines Buches nicht gleich von Anfang an sympathisch sein müssen, sondern man sich ihnen langsam annähern darf. Beim „Leuchten im Dunkeln“ ist es genau so. Man könnte hinter dem Klappentext eine fast stereotype Seelenstriptease-Story vermuten, aber der Roman hat unerwartete Wendungen und Motive und ist unberechenbar. Ich musste mich beherrschen, nicht ans Ende zu blättern, so sehr hat mich interessiert, wie es wohl ausgehen mag. Auf das Gespräch mit der Autorin im September zur Buchvernissage im Sphères in Zürich freue ich mich schon sehr!

Uff, in welch lustig parlierendem Ton Ricarda Huch hier über die Unsäglichkeiten der katholischen Kirche und religiösen Bigotterie schreibt, ist grosses Kino. Ob durch „Wegloben“ auch heute noch grosse Karrieren in der katholischen Kirchen gemacht werden? Wie leicht die Menge sich täuschen – und sogar zu einem Hexenprozess anstiften lässt, ist leider sehr realistisch geschildert.

Was für ein dichtes, intensives, wunderbares Buch. Amélie Nothomb hat mich dem Portrait ihres Vaters „Der Belgische Konsul“ vollends verzaubert – ein Kabinettstück, in dem die ganze Welt steckt.

Mehrere Themen bewegen mich hier – einerseits die ungewöhnliche Beziehung zwischen den Protagonisten Max und Fenitschka, die die von enger Vertrautheit geprägt ist, dennoch in den Konventionen zwischen Mann und Frau gefangen bleibt und andererseits die Ungebundenheit von Fenitschka, die sich zwischen Freiheit und Liebe entscheiden muss. Viele Themen werden verhandelt (so liebt ein Mann, so eine Frau), die auf den ersten Blick antiquiert erscheinen – aber ich fürchte, dass in vielen von uns noch viel von diesem Denken und dieser Weltsicht steckt. Darum:

Leseempfehlung!

Hauptmann schrieb die Erzählung als Reminiszenz an seine verliebten Jahre mit seiner ersten Frau Marie Thieneman. Es gibt sie auch im Buch, die glückliche Liebe, allerdings ist sie nicht dem Brautpaar beschieden, das der Erzählung den Titel gab. Weniger scharf als seine Dramen, aber ebenso dramatisch enfaltet sich hier die Liebesgeschichte des verkannte Genies Künelle, der der Liebe partout keine Chance geben will. Ich wollte ihn beim Lesen schütteln – und seine arme Braut gleich mit!  

Ich liebe die Romane von Andrea De Carlo und freue mich jeweils sehr, wenn ein neuer übersetzt wird. Mit der gewohnten Schärfe beschreibt er seine Protagonisten und nimmt dabei vor allem die Politik aufs Korn. Auch wenn die lokalen Politiker, die trashige Fernseh-Reporterin, der exzentrische Marchese und viele mehr alle ihr Fett wegbekommen, schafft es De Carlo wieder, dass einem die Figuren irgendwie trotzdem sympathisch sind in ihrer menschlichen Unzulänglichkeit (nicht alle, natürlich!) Keine Ahnung, wie er das schafft!

a

Ach, was für ein irreführender Titel. Wer hier auf ein happy end hofft, wird jedenfalls enttäuscht werden – erzählt wird eine tragische und extrem bittere Geschichte. Wer Fallada mit dicken Romanen in Verbindung bringt kann sich hier auf ein schmales Bändchen von umso grösserer Wucht einstellen.

Eine amüsante Geschichte über ein paar Dorfbewohner, die es bewerkstelligen wollen, dass ihr Dorf Nincshof vergessen wird – von der Landesverwaltung, den lästigen Touristen und der Geschichtsschreibung. Natürlich ist von Seite eins an klar, dass die Logik das Scheitern gebietet, unterhaltsam ist Johanna Sebauers Roman aber dennoch.

Oh la a la. Von Fremdgehen und Untreue, vom Gedankenspiel mit dem Fremdgehen erzählt ja viel Weltliteratur. Musils „Vereinigungen“ offenbaren dabei aber regelrechte Abgründe – die Sprache bleibt dabei stets elegant und trägt die Leserin durch den zeitweise doch recht verstrickten Stoff. Ich kann mich nicht erinnern, wann ich das letzte Mal beim Lesen so sehr in den Schnitzler`schen Traumnovellen-Modus gekommen bin.

Juni 2023

Uff, was für ein harter Text, schonungslos erzählt und gleichzeitig so poetisch. Die Erzählerin, eine berühmte Schriftstellerin Ende Vierzig, kämpft mit den Wechseljahren und der Vergangenheit. Auch wenn eine alte Schuld aufgerollt wird (und damit die Geschichte einer Freundschaft,) .

ist der Roman nicht plot-getrieben. Gut komponiert im erinnernden Erzählen greift Ciabatti verschiedene Themen auf, doch nicht alle offenbaren sich sofort gleichermassen. Für mich ein Lesevergnügen, insbesondere wegen der Sprache.

Zwar liebe ich es, mich über Wochen in das Werk eines Autors, einer Autorin hineinziehen zu lassen, und immer wieder Gedichte zu lesen, die mich tiefer in die Sprache und Denkart des Urhebers / der Urheberin hineinziehen. Aber Lyrik-Anthologien sind ein wahrer Segen für Recherchezwecke! Aktuell stelle ich mal wieder ein kleines Vorlese-Programm für eine Hochzeitsfeier zusammen, da dürfen zwei, drei schöne Gedichte nicht fehlen!

Eigentlich besorgte ich mir diese Sammlung an Liebesbriefen nur für Recherchezwecke (Hochzeitslesung) – doch dann war ich ganz tief drin, in den vielen hier versammelten Liebesgeschichten und bedauerte, dass nur die Briefe der Männer abgedruckt sind und nicht auch noch die Antworten der Frauen. Spass gemacht hat das Eintauchen aber trotzdem!

Was für eine grandiose Idee! Frank Berzbach erzählt vom Beginn einer Liebe – ganze zweiunddreissig Mal. Es sind kurze Miniaturen, die natürlich nicht ganz zusammenpassen, weil es immer wieder um die erste Begegnung, um den Anfang der Liebe geht. Insgesamt entsteht dadurch aber ein prächtigbuntes Bild einer grossen Liebe.

Peter Stamms lakonische Art von grossen Themen und Gefühlen zu erzählen, mag ich sehr gerne. Drama gibt es im Leben des Protagionisten genug – er drückt sich vor einer (vermutlich schlimmen) Diagnose, verkauft seine Wohnung, kündet den Job, ändert sein ganzes Leben – als ob es ohnehin bald vorbei wäre, oder als ob er eine zweite Chance geschenkt bekäme, dieses Drama spiegelt sich aber nicht in der Srache wieder, es wird unaufgeregt erzählt, und gerade der dadurch entstehende Freiraum lädt die Leserin ein, sich in die Geschichte fallen zu lassen.

Mieko Kawakamis neustes Buch hat mich etwas ratlos zurückgelassen – nicht wegen des Buches an und für sich, sondern weil der Klappentext ein ganz anderes Buch verspricht. Unter der Geschichte einer Frau, die beschliesst, ihr Leben zu ändern, stelle ich mir einen dynamischeren Text vor (der Beschluss und die Veränderung erfolgen zwar, aber erst im letzten Zehntel des Buches). Ich mag japanische Literatur sehr, das Zarte, Unausgesprochene, die Art, wie die Protagonisten miteinander umgehen. Man schaut wirklich in eine andere Welt hinein. Aber eine dynamische Leben-Umkrempel-Geschichte ist das nicht (muss es auch gar nicht). Fazit: Man sollte das Buch lesen, nicht aber die Klappe!

Mai 2023

Der Roman aus dem Jahr 1922 hat mich aufgrund seiner Aktualität atemlos zurück gelassen. „Sturz in die Sonne“ von C.F. Ramuz ist ein dystopischer Umweltthriller von grosser erzählerischer Kraft, der uns den Spiegel auf so vielfache Weise vorhält, dass es einen schwindelt.

Ein historischer Roman der nicht in einer historischen Sprache, sondern zeitgemäss daherkommt: sehr angenehm zu lesen (um nicht zu sagen: runterzuschlotzen), sehr informativ (was es nicht alles über die damalige Gesellschaft, das politische System, die philosophischen Gruppierungen und und und … zu lernen gibt) und sehr witzig, trotz des tragischen Endes, von dem wir ja alle wissen.

Was ich gerade lese, ist streng geheim! .. Denn in diesem Jahr darf ich im Kuratorium der Hotlist mitwirken – das sind die Oscars der konzernunabhängigen Klein- und Kleinstverlage, die seltener im Rampenlicht oder auf den Bestsellerlisten stehen und keine Mittel haben, um vor Erscheinen eines Buches eine Presseausgabe zu drucken, um Journalist*innen und Buchhändler*innen schon vorab zu begeistern. Diese Bücher haben es darum schwerer, auf den Schreibtischen der Feuilletonredaktionen zu landen, sie liegen nicht in grossen Stapeln in den Buchhandlungen – es dauert, bis sie „anlaufen“. Und da auf dem Buchmarkt ein Buch schon nach wenigen Monaten als „alt“ gilt, verschwinden mache in der Versenkung, bevor sie entdeckt werden.

Die Hotlist wirkt dem entgegen und engagiert sich für die Sichtbarkeit dieser Verlage und ihrer herausragenden Titel. Ein Kuratorium trifft die Vorauswahl, die (jährlich wechselnde) Jury prämiert dann die zehn aussergewöhnlichsten, spannendsten und besten Bücher aus unabhängigen Verlagen – das ist sie dann, die heisse Liste der tollen Bücher. Ich bin stolz, dass ich mitmachen darf!!

Geht es nur mir so? Bestimmt mögen doch alle Buchliebhaber*innen Geschichten, in denen es um Antiquariate, Buchhandlungen, Leseratten und die lebensverändernde Kraft des Lesens geht? Ich jedenfalls liebe sie! Wenn Sathoshi Yagisawas Roman „Die Tage in der Buchhandlung Morisaki“ ein Kleidungsstück wäre, dann ein weicher, anschmiegsamer Kaschmirmantel, in den man sich hineinkuschelt und ganz geborgen fühlt. Für Menschen, die Bücher mögen, ist das ein Nach-Hause-Kommen-Buch.

April 2023

Helga Schuberts sehr persönlicher Text über die häusliche Pflege ihres schwer kranken Ehemanns hat mich tief berührt. „Der heutige Tag“ ist ein in Literatur gegossener Pflegealltag – ja, das geht. Warum, das verrät der Untertitel „Ein Stundenbuch der Liebe“. Helga Schubert liebt und pflegt – und schreibt darüber. Ich habe das noch nie so gelesen. Dieses bemerkenswerte Buch wird noch lange in mir nachhallen.

Lea Catrinas zweiter Roman „My boy“ ist eine rasant erzählte Freundschaftsgeschichte, die zwischen den Schweizer Bergen und Kalifornien spielt – was ja gar nicht so leicht unter einen Hut zu bringen ist. So ungefähr verhalten sich auch die beiden Protagonisten zueinander, um deren Freundschaft es hier geht. Spannend waren für mich vor allem die Einblicke in die Welt des Nachwuchs-Eiskunstlaufs, den Kindern fühlte ich mich etwas näher als den erwachsenen Protagonisten.

Fabio Andinas „Davonkommen“ ist – so kann man vermuten – die Vorgeschichte von „Tage mit Felice“. Ein junger, tablettenabhängiger, gestresster und verzweifelter Mann muss in ein Bergdorf ziehen, weil er als Arbeitsloser in der Stadt keine Wohnung findet. Der Kampf darum, seinen kleinen Sohn regelmässig sehen zu dürfen, zerreisst ihn fast. Als Lesende verfolge ich einen atemlosen inneren Monolog. Gleichsam mit dem Protagonisten kommt auch die gehetzte Sprache zur Ruhe und wandlet sich. Fazit: Ganz anders als der „Felice“ aber nichtsdestotrotz ein tolles Buch!

Anna Ospelts „Frühe Pflanzung“ hat in mir etwas zum Klingen gebracht. So viel Literatur auf so wenig Raum! Die Gattung ist eigenwillig – sicherlich kein Roman, einzelne Sentenzen, die aber freilich alle zusammengehören (und auch zeitlich aufeinander folgen). Aber eher wie Pralinen, die man nacheinander geniessen sollte, zu viel packt man wegen des Gehalts nicht. Die Autorin komponiert ihre sorgfältigst. „Frühe Pflanzung“ ist ein wirklich beeindruckendes Buch!

Martin Suters neuer Roman hat mich, obwohl es eine klassische Altherren-Geschichte ist, gepackt: eine spannende Geschichte, souverän erzählt. Dass es im Roman stets um mündlich erzählte Geschichten geht, ist ein schöner Kunstgriff, man bekommt Lust, den Cognac einzugiessen und sich an den Kamin dazu zu setzen, um bei dieser Erzählung von Dichtung und Wahrheit dabei zu sein… wobei das (Reden am Kamin) lediglichden Herren im Buch gestattet ist … die Frauenfiguren sind zwar wunderschön, perfekt organisiert, hervorragende Köchinnen oder oder oder – aber leider recht stumm und keine Handlungstreiberinnen. So ist das Buch konstruiert, und es funktioniert so – auch wenn es schade ist, dass die eigentlich spannend angelegten Frauenfiguren nicht ausgebaut werden.

Drei Generationen, drei Frauen, ein Wirtshaus. Den Roman von Silvia Pistotnig habe ich quasi in einem Schnurz verschlungen: gut geschrieben, eine Story, die einen dran bleiben lässt und Charaktere, die einem ans Herz wachsen.

März 2023

Was für ein beeindruckendes Buch! Peter Weibels Erzählung ist komprimiert und wuchtig. In einer verdichteten Sprache erzählt „Akonos Berg“ von einem Flüchtenden im 21. Jahrhundert, der um sein Leben ringt – nicht auf dem Mittelmeer, sondern an einem Berg, hier bei uns. Zwei junge Bergfüher machen sich auf, ihn zu retten – wenn sie es denn können. Für wen riskiert man sein Leben – und welche Leben sind es „wert“ gerettet zu werden? Diese Erzählung wird noch lange in mir nachhallen.

Ein Freund sandte mir dieses kurzweilige Büchlein – literarische Sequenzen aus Zürich. Vor Ort lesen ist ja immer schön, und die Romanausschnitte machen Lust, die zitierten Werke in Gänze zu lesen!

Zwei Frauen, ein Gletscher …. und 50 Jahre dazwischen. Marianne Künzles schmaler Roman „Da hinauf“ ist ein komprimiertes Lese-Erlebnis: kein Wort zu viel. Die Lesenden werden auf „ihren“ Platz verwiesen: wir sind lediglich Gäste im grossen Theater der Natur … das uns noch lange überdauern wird.

Es gibt Verlage, die mich einfach nie enttäuschen – der Limmat Verlag gehört definitiv dazu. Nicht nur wegen der ausgewählten belletristischen Sparte, sondern vor allem auch wegen seiner herausragenden Sachbücher, die nicht nur perfekt rechercheirt, sondern in der Regel auch bebildert und sehr hochwertig realisiert sind. Thematisch nimmt sich der Zürcher Verlag Themen an, die uns als Gesellschaft keinesfalls hintenrunter fallen sollten. Die 15 Portraits von Überlebenden des NS-Regimes in der Schweiz heute gehören ebenfalls dazu. Behutsam und empahtisch, jedoch ohne die professionelle Distanz zu verlieren stellt Simone Müller Menschen vor, die mich in Gedanken noch lange begleiten werden.

Puh, das ist ein harter Text, der so leicht daherzukommen scheint. Die Sprache der Protagonistin ist niedlich, eingeschränkt, und diese Naivität bricht einem das Herz. Es geht um eine junge Frau in einem Bordell und ihre langsame aber stetige „Bewusstwerdung“. Ein absolut bemerkenswertes Romandebüt!

Kein Reiseführer im klassischen Sinn, aber ein Buch, das grosse Lust auf eine Reise nach Slowenien macht. Klar: ich lasse mich von Sprache verführen – und da der Autor als einer der wichtigsten Literaten Sloweniens gilt, gelingt es ihm mühelos, mich zu begeistern. Die Literaturtage Zofingen begrüssen jeweils das Gastland der Frankfurter Buchmesse – in diesem Jahr Slowenien Ich freue mich sehr, über ein Land zu lernen, über das ich – zugegebenermassen – bislang kaum etwas wusste.

Graphic Novels entdecke ich erst neuerdings für mich. Was für eine grossartige Kunstform, Geschichten zu erzählen! Samira Kentrić schafft es, die komplizierte politische Situation des Balkans vor, während und nach der Kriege anhand ihrer eigenen Familiengeschichte zu erzählen. Die Zeichnungen sind in Sepiatönen gehalten und von einer sehr starken Bildsprache. „Balkanalien“ hat mir einige Wissenslücken geschlossen – sozusagen en passant.

Helmut Luthers „Nostalgiereise gen Süden“ ist kein Reiseführer im klassischen Sinn. Er erkundet das kleine und extrem vielseitige Land Slowenien vor allem über seine berühmten (und bei uns oft unbekannten) Persönlichkeiten – wer weiss zum Beispiel schon, dass die Briefmarke in Slowenien erfunden wurde …? Die Bebilderung ist etwas eigenwillig, ich hätte mir mehr Aufnahmen von Gebäuden und Landschaft gewünscht (statt z.B. Museumsdirektoren), aber da hilft wohl nur eins: hinfahren.

Bei mir vergeht kaum ein Tag, an dem ich nicht zumindest ein Gedicht lese. Bei einer so wunderschön gestalteten Ausgabe wie der zweisprachigen Gedichtsammlung „Die Schnittmenge der Schönheit“ von Milan Dekleva beschert einem schon das in-der-Hand-Halten einen Moment der Musse, was nicht nur an der zurückhaltendne Typo liegt, sondern auch den Birnholzschnitten von Christian Thannhäuser zu verdanken ist. Eine schöne Auswahl aus dem lyrischen Schaffen der letzten 30 Jahre des slowenischen Dichters in einem wie gesagt wunderschön gestalteten Band!

Februar 2023

„Meisterwerk“ ist ein Roman, der mich umhaut. Erzählt wird eine unmögliche Liebesgeschichte – beide verheiratet, er viel älter, sie seine Lektorin. Die eigentlich Dissonanz ist aber politisch: er ist ein Freiheitskämpfer, sie ist Informantion für den nationalen Sicherheitsdienst. Nicht glücklcih mit der Rolle, aber sie ist es numal. Ana Schnabl schaut tief in die Psyche ihrer Protagonisten, der Roman ist für mich ein echer Page-Turner!

Andrej Blatniks „Platz der Befreiung“ ist eine Liebesgeschichte , bei der auch viel mit Worten umeinander geworben wird. Vor dem Hintergrund des Ende des kalten Krieges und der daraus reslutierenden grossen Änderungen entfaltet sich die Geschichte wie ein rasanter Kinofilm: Kurze Kapitel, sehr filmisch erzählt.

Was für eine wilde Geschichte! Adam Andrusiers autobiographischer Roman hat mich schon auf den ersten Seiten kräftig zum Lachen gebracht. Es ist eine jüdische Familiengeschichte, eine tragische Liebesgeschichte (der Eltern), ein Roman übers Erwachsenwerden, über religiöse Traditionen, über besessene Sammler und über die Reise eines jungen Mannes zu sich selbst.

Tabea Steiner schafft es in ihrem neuen Roman über eine Freikirche zu schreiben, ohne in die Falle der Wertung zu tappen. Ihre Figuren lassen uns nachvollziehen, welchen Halt und welche Kraft sie aus der Zugehörigkeit zu der Glaubensgemeinschaft ziehen, die natürlich auch extrem einengend sein kann. Schwarz-weiss gibt es in diesem Roman nicht. Ein kluger Roman, den ich nicht aus der Hand legen konnte.

Für eine kommende (private) Lesung recherchiere ich für die Auftraggeberin skurrille Geschichten, so bin ich auf „Herr Palomar“ von Italo Calvino gestossen, genau genommen ein Roman in Episoden, dessen ungewöhnlicher Haupdarstellers sich immer tiefer in seine Beobachtungen und Analysen verstrickt. Ein sehr besonderes Lesevergnügen, das durchaus auch einen fordernden Aspekt hat!

Ich liebe Romane, die einem die Pionierarbeit von Menschen nahebringen, von deren Einsatz wir immens profitieren, ihn aber unterdessan als selbstverständlich hinnehmen. Sanne Jellings hat sich das Leben der norddeutschen Frauenrechtlerin Helene Lange vorgeknüpft, die sich der Aufgabe verschrieben hat, Mädchen den Zugang zu Bildung und Studium zu ermöglichen. Beim Lesen ploppt an einigen Stellen die Frage auf „ja und wo stehen wir da heute …?“ – z.B. in Bezug auf die wirtschaftliche Sicherheit einer verheirateten Frau mit Kindern. Ein unterhaltsamer und informativer Roman zum „Wegschlätzen“.

Ein herrlich verschachtelter Coming-of-Age-Roman. Die junge Rita findet sich nicht zurecht in ihrer Welt und schreibt Geschichten, um das Chaos ihrer innerer Stimmen zu bändigen – wobei die Grenzen zwischen Innen und Aussen total verschwimmen, da Rita in eine Psychiatrie abgeschoben wurde. Man fragt sich natürlich, ob der Protagonist ihrer Geschichten, Herr Jež, vielleicht existiert, (tatsächlich ein Mit-Patient ist) oder ob es sich um ein rein schreibtherapeutisches Projekt handelt… Im Endeffekt ist das aber für die literarische Qualität gar nicht wichtig, bzw. hier ist gerade das Verschwimmen und Auflösen der einzelnen Ebenen ein echter Lesegenuss.

„Weggehen für Anfänger“ ist ein zweisprachiger Gedichteband der herausragenden slowenischen Lyrikerin Cvetka Lipuš, die Übersetzung besorgte Klaus Detlef Olof. Die Gedichte sind in meinen Augen teilweise verspielt, teilweise tief melancholisch, sprachlich sehr klar und von grosser bildlicher Kraft. Manche ihrer Sätze leuchten mir regelrecht entgegen: „Wenn du allein reist, //spinnst du ellenweise Schweigen,// verlierst aber den Faden,// wenn dich jemand anspricht.“

In das dreibändige Werk „Rilke en face“ schaue ich immer wieder. Es ist eine grossartige „Biographie ohne Biograph“ – die Herausgeber Erich Unglaub und Curdin Ebneter haben in jahrzehntelanger Arbeit alle schriftlichen Quellen zu Rainer Maria Rilke zusammengetragen – wer sich über den Dichter geäussert hat, ist aller Wahrscheinlichkeit nach in diesem Band vertreten, von der Haushälterin über den Schulkameraden hin zu Dichterkollegen, Zuschauerinnen bei Lesungen etc. So entsteht beim Lesen ein sehr heterogenes Bild von einem Autor, über den man viel Oberflächliches weiss. Erschienen ist der Band bei „Nimbus. Kunst und Bücher“, dem feinen Verlag in Wädenswil am Zürichsee, in dem ich selbst lange Jahre mitarbeiten durfte

In diesem Jahr ist Slowenien das Gastland der Frankfurter Buchmesse. Die Literaturtage Zofingen begrüssen als einziger Veranstalter in der Schweiz die Autorinnen und Autoren des Gastlands, darum bin ich als Programmleiterin des Festivals in diesen Tagen schon fleissig dabei, slowenische Literatur zu lesen … ich liebe es, für Zofingen literarisches Neuland zu erkunden…

Es ist wie fast immer bei den Büchern von Peter Stamm – es braucht nur wenige Seiten und ich bin ganz sanft sehr tief ins Lesen hineingeglitten. Es geht um einen Autor, von zwei Dokumentarfilmern begleitet wird – und es gibt einen aktuellen Dokumentarfilm über Peter Stamm, in dem die Filmenden irgendwann realisieren, dass Stamm einen Roman über einen Autor schreibt, der von zwei Dokumentarfilmern begleitet wird … In der aktuellen Ausgabe des SRF Literaturclubs wurde das Buch schon besprochen – ich möchte es unbedingt fertiglesen, bevor ich mir die Sendung in der Mediathek anschaue – und auch, bevor ich den Dokumentarfilm anschaue.

Andere Bücherwürmer kennen das Phänomen sicherlich: Die meisten Menschen trauen sich nicht, Vielleserinnen Bücher zu schenken, aus Angst, dass man das „eh schon kennt“. Ich freue mich sehr, dass es „Die Chamäleon Dame“ unter den Weihnachtsbaum geschafft hat, Yvonne Herganes Debut gefällt mir nämlich ausserordentlich gut, und ich hatte zuvor noch nie von der Autorin gehört!

Januar 2023

Tiziana Locatis wunderbaren Text „Weit werd ich ziehn“ kannte ich schon in der Manuskriptfassung. Damals konnte ich ihr die „Edition 8“ empfehlen, es freut mich riesig, dass es geklappt hat und nun das gedruckte Buch vorliegt!

Caroline Wahls Debut „22 Bahnen“ schafft es, allerlei tragische Figuren, die ein heftiges Päckchen zu tragen haben, in eine Handlung einzubauen, die die Leserin beglückt. Und die Bonmots der kleinen Schwester Ida sind teils zum Schreien komisch. Fazit: Macht Spass!

Bald geht es wieder los mit Veranstaltungen, die ich moderieren darf. Schon lange hatte ich mir vorgenommen, Teuwsens Buch über „Das gute Gespräch“ zu lesen – darin geht es zwar um Interviews für Printmedien, aber ein moderiertes Bühnengespräch ist ja auch eine Art Interview. Es macht Spass, in die Materie einzutauchen!

Bernardine Evaristos Roman „Mädchen Frau etc.“ hat mich im vergangenen Jahr wirklich umgehauen – eines der besten Bücher seit langem! Dem entsprechend aufgeregt war ich, als „Mr. Loverman“ auf meinem Schreibtisch landete – wird es genau so gut oder eine Enttäuschung sein? Da der Roman erst im Febraur erscheint hier nur so viel: „Mr. Loverman“ ist ein grossartiges Buch, was mir viel Freude beim Lesen bereitet und auch mit einigen Vorturteilen aufgeräumt hat – aber die Wucht, mit der mich „Mädchen, Frau etc.“ erwischt hat, ist nicht ganz dieselbe.

Thommie Bayers Romane lese ich wahnsinnig gerne, sie sind immer unterhaltsam und bleiben doch hängen. „Das Glück meiner Mutter“ hat mir Ursula Zangger, eine meiner Lieblings-Buchhändlerinnen empfohlen – sie lag wie immer richtig. Wer das triste Januarwetter hinter sich lassen will, ist hier genau richtig!

Mein Jahr beginnt mit Ewald Arenz neuem Roman „Die Liebe an miesen Tagen“ – denn mit ihm werde ich meine erste Veranstaltung nach der Babypause bestreiten! Ich freue mich riesig auf den Abend bei Orell Füssli im Bellevue – Ewald Arenz ist ein charmanter Autor, mit dem es wunderbar ist, auf der Bühne zu parlieren!